Warum Gespräche in der Verhandlung oft im Kreis laufen – und wie echte Verhandler den Knoten lösen

Wer kennt das nicht: Man sitzt mit Freunden, Kollegen oder Geschäftspartnern am Tisch, die Stimmung ist zunächst gut, ein Thema wird aufgebracht, und plötzlich dreht sich das Gespräch nur noch im Kreis. Jeder bringt Argumente, jeder versucht zu überzeugen – aber keiner bewegt sich auch nur einen Millimeter. Man redet aneinander vorbei. Und am Ende gehen alle auseinander, genervt oder innerlich resigniert, weil niemand das Gefühl hat, wirklich gehört worden zu sein. Heute gehen wir dieses Thema einmal an Warum Gespräche in der Verhandlung oft im Kreis laufen.
Das passiert nicht nur im Privaten, sondern leider auch in Verhandlungen, Meetings oder schwierigen Geschäftsgesprächen – und kostet Unternehmen jeden Tag Zeit, Energie und Umsatz.
Das unsichtbare Problem: Wir führen Gespräche in der Verhandlung wie Schachpartien
Viele Menschen glauben, dass Gespräche in der Verhandlung ein Wettbewerb sind. Es geht darum, den besseren Zug zu machen, die bessere Idee zu haben, sich durchzusetzen. Doch was dabei übersehen wird: Wenn beide Seiten versuchen, sich gegenseitig „schachmatt“ zu setzen, bleibt oft nur eine Lösung – nämlich gar keine.
In solchen Gesprächen fokussieren sich die Beteiligten fast ausschließlich auf ihre Verhandlungspositionen:
- „Ich will Rabatt.“
- „Ich brauche den Raum.“
- „Ich will mehr Budget.“
- „Ich will im Homeoffice arbeiten.“
Doch Verhandlungspositionen sagen nur, was jemand will. Sie verraten uns nichts darüber, warum jemand das will. Und genau da liegt der Schlüssel.
Der Perspektivwechsel: Verhandlungsinteressen verstehen statt Positionen verteidigen
Erfolgreiche Verhandler, also die, die regelmäßig Lösungen erreichen, mit denen beide Seiten leben können ,haben verstanden, dass Positionen oft nur die Spitze des Eisbergs sind. Darunter liegen die eigentlichen Verhandlungsinteressen, Motive und Bedürfnisse. Wer sich die Mühe macht, diese Verhandlungsinteressen zu verstehen, entdeckt oft plötzlich ganz neue Möglichkeiten, ein Problem zu lösen und Gespräche in der Verhandlung anders zu führen.
Nehmen wir ein einfaches Beispiel:
Zwei Abteilungen streiten sich um ein begrenztes Marketingbudget. Die eine will ein Event ausrichten, die andere eine neue Social-Media-Kampagne starten. Beide beharren auf ihrer Forderung – Position gegen Position.
Wenn man aber mal einen Schritt zurücktritt und fragt: „Warum wollt ihr das?“, dann kommt vielleicht heraus: Die eine Abteilung möchte Leads generieren, die andere möchte die Markenbekanntheit erhöhen. Zwei völlig legitime Interessen. Mit dieser Klarheit können beide Seiten plötzlich gemeinsam überlegen, wie man mit einem intelligenten Mix vielleicht beides erreichen kann – ohne dass jemand „verliert“.
Harvard-Konzept: Verhandeln auf Augenhöhe und damit Gespräche in der Verhandlung anders führen
Dieser Ansatz ist kein neues Wundermittel, sondern Teil des bekannten Harvard-Konzepts. Es wurde entwickelt, um selbst in festgefahrenen Konflikten wie internationalen Friedensverhandlungen eine Lösung zu ermöglichen – und funktioniert auch hervorragend im Geschäftsalltag. Die vier Kernprinzipien:
- Menschen und Probleme trennen: Emotionen raus, Beziehung pflegen, Problem gemeinsam lösen.
- Auf Interessen statt Verhandlungsposition fokussieren: Das Warum erkennen.
- Verhandlungsoptionen zum gegenseitigen Vorteil entwickeln: Kreativ sein, Alternativen entwerfen.
- Objektive Kriterien anwenden: Standards finden, die beide Seiten als fair empfinden.
Warum das „Fixed Pie Denken“ uns lähmt
Viele glauben: Wenn einer gewinnt, muss der andere verlieren. Als gäbe es nur einen Kuchen, den man aufteilen muss. Dieses sogenannte „Fixed Pie Denken“ blockiert Verhandlungen – vor allem, wenn Menschen Angst haben, zu kurz zu kommen und versteifen sich auf ihre Verhandlungsposition. Doch gute Verhandler wissen: Es geht nicht um das Teilen eines Kuchens – es geht darum, die Bäckerei zu finden.
Das bedeutet: Zusammenarbeit statt Konfrontation. Verständnis statt Verteidigung. Und manchmal auch der Mut zu fragen: „Was brauchst du eigentlich wirklich?“ Also denken Sie in der nächsten Verhandlungen an die Gefahr durch Fixed Pie Denken und denken Sie im Verhandlungsinteresse – auch Ihres Verhandlungspartners. Finden Sie neue Verhandlungsoptionen, an welche Sie vielleicht noch nicht gedacht haben.
Gespräche in der Verhandlung auf Augenhöhe statt Gesprächsschach
Wenn wir mit Menschen am Tisch sitzen – ob privat oder im Beruf – und merken, dass wir uns im Kreis drehen, hilft es, bewusst einen Schritt zurückzutreten. Nicht mit dem Ziel, „nachzugeben“, sondern um zu verstehen. Denn Verhandlungen sind keine Schlachten. Sie sind kein Rededuell. Und sie sind auch nicht der Moment, in dem man zeigen muss, dass man klüger, lauter oder dominanter ist.
Verhandlungen sind kreative Prozesse. Sie leben von Empathie, Neugier und einem echten Interesse daran, gemeinsam weiterzukommen und Verhandlungsoptionen zu entwickeln.
Also weg mit dem Kräftemessen – her mit der Verständigung
Ob am Küchentisch oder im Konferenzraum: Wer nur gewinnen will, verliert oft mehr als ihm lieb ist. Wer dagegen fragt, zuhört und gemeinsam denkt, erreicht Ergebnisse, die weit über den berühmten „Kompromiss“ hinausgehen – echte Lösungen, die tragfähig und nachhaltig sind.
Wenn Sie das nächste Mal in einer festgefahrenen Diskussion sitzen, fragen Sie sich:
- Weiß ich eigentlich, was mein Gegenüber wirklich braucht?
- Habe ich meine eigenen Verhandlungsinteressen klar formuliert?
- Oder verhandle ich nur aus Prinzip und suche keine neuen Verhandlungsoptionen?
Das ist der erste Schritt raus aus der Sackgasse – und rein in eine neue, bessere Art des Verhandelns.