Verhandlungspsychologie im B2B-Verhandungen: Was uns ein Blick auf die Börse lehrt – Wie wir uns selbst in B2B-Verhandlungen ausnocken
Wie wir uns selbst in B2B-Verhandlungen ausnocken
In B2B-Verhandlungen (Business-to-Business) geht es häufig um hohe Einsätze: große Summen, komplexe Verträge und Partnerschaften, die auf lange Sicht erfolgreich sein sollen. Doch selbst die erfahrensten Verhandler sind nicht immun gegen psychologische Fallen, die ihre Entscheidungen unbewusst beeinflussen. Diese Stolpersteine, die auch aus der Börsenpsychologie bekannt sind, spielen in geschäftlichen Verhandlungen eine entscheidende Rolle. Sobald Geld und Macht im Spiel sind, übernehmen oft Emotionen und irrationale Denkmuster das Steuer – mit potenziell weitreichenden Konsequenzen.
Psychologische Fallen in Verhandlungen: Wenn der Kopf uns austrickst
- Ankereffekt
- Overconfidence-Bias
- Verlustaversion
- Herdentrieb
- Spielerfehlschluss
- Representativeness-Bias
- Home-Bias
- Confirmation-Bias
- Regret-Aversion
Der Ankereffekt: Warum der erste Eindruck entscheidend ist
Eine der häufigsten psychologischen Fallen in Verhandlungen ist der Ankereffekt. Dieser Effekt tritt auf, wenn Verhandlungsführer sich zu sehr von der ersten Information beeinflussen lassen, die während der Verhandlung auf den Tisch kommt – sei es das erste Angebot oder die erste Forderung. Dieser „Anker“ kann dann die gesamte Verhandlungsstrategie dominieren, indem er die Wahrnehmung der Verhandlungsteilnehmer verzerrt.
In der Praxis könnte das bedeuten, dass man sich an ein anfängliches Angebot klammert, obwohl es möglicherweise suboptimal ist. Anstatt flexibel auf neue Informationen oder Argumente zu reagieren, bleibt man am ersten Eindruck haften. Dies ähnelt dem Verhalten eines Anlegers an der Börse, der sich an einem bestimmten Einstiegspreis festhält und dadurch nicht flexibel genug ist, um auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren. Beide Szenarien führen dazu, dass Chancen verpasst und potenziell bessere Alternativen übersehen werden.
Overconfidence-Bias: Wenn Selbstvertrauen zum Fallstrick wird
Der Overconfidence-Bias beschreibt die Gefahr, dass Verhandlungsführer zu viel Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Einschätzungen haben. Dieses übermäßige Selbstvertrauen kann dazu führen, dass wichtige Details übersehen oder Risiken unterschätzt werden. In B2B-Verhandlungen äußert sich dieser Bias oft darin, dass Verhandler zu sehr auf ihre bisherigen Erfolge bauen, ohne die aktuellen Gegebenheiten ausreichend zu berücksichtigen.
Ein Verhandler könnte beispielsweise durch den Overconfidence-Bias glauben, den besten Deal sicher in der Tasche zu haben, ohne auf neue Informationen oder Signale seines Gegenübers zu achten. Dies kann dazu führen, dass man unrealistische Forderungen stellt oder zu wenig auf mögliche Gegenargumente vorbereitet ist.
Dieser Denkfehler des Overconfidence-Bias erinnert stark an das Verhalten eines Anlegers, der sich sicher ist, den Markt „verstanden“ zu haben, und deswegen unnötige Risiken eingeht – oft mit unangenehmen und kostspieligen Folgen.
Verlustaversion: Die Macht der Verlustangst in Verhandlungen
Verlustangst (oder Verlustaversion) ist ein mächtiger Antrieb, der sich in der Verlustaversion manifestiert. In Verhandlungen zeigt sich diese Tendenz der Verlustaversion darin, dass Verhandlungsführer eher dazu neigen, ein Angebot vorschnell abzulehnen oder sich auf einen weniger vorteilhaften Deal einzulassen, nur um potenzielle Verluste zu vermeiden. Diese Denkweise spiegelt sich auch in der Anlagewelt wider: Ein Anleger verkauft seine Aktien vielleicht zu früh, aus Angst vor einem Kursverfall, und verpasst damit die Möglichkeit auf höhere Gewinne.
In B2B-Verhandlungen kann diese Verlustaversion dazu führen, dass man sich zu schnell auf Kompromisse einlässt, um ein Scheitern der Verhandlungen zu vermeiden. Diese Verhaltensweise der Verlustaversion kann verhindern, dass das volle Potenzial eines Deals ausgeschöpft wird, und führt oft dazu, dass Verhandler zu vorsichtig agieren, anstatt mutige, aber fundierte Entscheidungen zu treffen.
Herdentrieb: Die Gefahr, dem Strom zu folgen in B2B-Verhandlungen
Der Herdentrieb beschreibt die menschliche Neigung, dem Verhalten anderer zu folgen, anstatt eigenständige Entscheidungen zu treffen. In B2B-Verhandlungen kann sich dieser Bias darin äußern, dass Verhandlungsführer Entscheidungen treffen, die in ihrer Branche als Standard gelten, ohne diese kritisch zu hinterfragen oder auf ihre eigene Situation anzupassen.
Beispielsweise könnte ein Unternehmen eine bestimmte Lieferkette wählen oder auf eine bestimmte Vertragsklausel bestehen, nur weil dies in der Branche üblich ist. Doch diese Vorgehensweise kann dazu führen, dass man innovative Lösungen übersieht oder Chancen verpasst, die den Verhandlungsprozess deutlich verbessern könnten. Dieser Herdentrieb ähnelt dem Verhalten von Investoren während der Dotcom-Blase, als sie blind den Massen folgten und auf überbewertete Aktien setzten – eine Entscheidung, die sich für viele als fatal erwies.
Spielerfehlschluss: Die falsche Logik der Verhandler auf vergangener Ereignisse
Ein weiterer häufiger Denkfehler in Verhandlungen ist der Spielerfehlschluss. Dieser beschreibt die irrige Annahme, dass vergangene Ereignisse zukünftige Ergebnisse beeinflussen. In B2B-Verhandlungen kann dies bedeuten, dass Verhandler erwarten, dass sich bestimmte Verhaltensweisen oder Ergebnisse wiederholen, nur weil sie in der Vergangenheit aufgetreten sind.
Ein typisches Beispiel ist der Glaube, dass ein Lieferant, der beim letzten Mal Zugeständnisse gemacht hat, dies auch in zukünftigen Verhandlungen tun wird. Diese falsche Sicherheit kann dazu führen, dass Verhandler zu optimistisch agieren und dabei andere wichtige Verhandlungsaspekte außer Acht lassen. Dieser Trugschluss ähnelt dem Verhalten eines Casino-Spielers, der glaubt, dass nach mehreren Runden Rot endlich Schwarz kommen muss – eine Denkweise, die in der Realität oft enttäuschend endet.
Representativeness-Bias: Die Gefahr der fehlenden Flexibilität
Der Representativeness-Bias tritt auf, wenn Verhandlungsführer zu sehr auf Muster aus der Vergangenheit vertrauen und sie blind auf neue Situationen übertragen. In B2B-Verhandlungen könnte dieser Representativeness-Bias bedeuten, dass man eine Strategie wählt, die früher erfolgreich war, ohne zu berücksichtigen, dass die aktuellen Bedingungen möglicherweise ganz anders sind.
Dieser Representativeness-Bias ist vergleichbar mit dem Verhalten eines Börsenanlegers, der glaubt, dass eine Aktie weiterhin steigen wird, nur weil sie das in der Vergangenheit getan hat. Diese Denkweise kann teuer werden, da sie die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit einschränkt, die in einer dynamischen Verhandlungsumgebung unerlässlich sind. Verhandlungsführer, die sich auf vergangene Erfolge verlassen, riskieren, Chancen zu verpassen und suboptimale Entscheidungen zu treffen. Achten Sie bei sich selbst darauf, wenn dieser Representativeness-Bias auftritt.
Home-Bias: Das Festhalten am Bekannten durch Verhandler
Der Home-Bias beschreibt die Tendenz, sich auf das Vertraute zu konzentrieren, anstatt neue Märkte oder Partner zu erkunden. In B2B-Verhandlungen äußert sich dieser Home-Bias oft darin, dass Unternehmen bevorzugt mit bewährten Lieferanten oder Partnern zusammenarbeiten, weil dies als sicherer und weniger riskant empfunden wird.
Dieses Verhalten im Home-Bias kann jedoch dazu führen, dass potenziell bessere Alternativen übersehen werden, die Innovationen fördern oder bessere Konditionen bieten könnten. Der Home-Bias ähnelt dem Verhalten eines Anlegers, der sich ausschließlich auf heimische Unternehmen konzentriert und dabei möglicherweise internationale Chancen ungenutzt lässt. Dieses Festhalten am Bekannten kann das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit einschränken.
Confirmation-Bias: Das selektive Hören in B2B-Verhandlungen
Beim Confirmation-Bias handelt es sich um die Tendenz, Informationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass sie die eigenen Überzeugungen und Erwartungen bestätigen. In B2B-Verhandlungen kann der Confirmation-Bias dazu führen, dass Verhandlungsführer nur die Aspekte wahrnehmen, die ihre Position stärken, während wichtige Gegenargumente oder alternative Perspektiven ignoriert werden.
Diese selektive Wahrnehmung des Confirmation-Bias kann dazu führen, dass Verhandlungsführer starr an ihrer Position festhalten und dabei flexible, möglicherweise gewinnbringendere Lösungen übersehen. Dieses Verhalten ist vergleichbar mit einem Anleger, der nur positive Nachrichten über eine Aktie liest und Warnsignale ausblendet – eine Strategie, die selten zum gewünschten Ergebnis führt.
Regret-Aversion: Die Angst vor Fehlentscheidungen
Die Regret-Aversion beschreibt die Angst, eine Entscheidung zu treffen, die man später bereuen könnte. In B2B-Verhandlungen äußert sich diese Angst oder Regret-Aversion oft darin, dass Verhandlungsführer zögern, neue oder ungewöhnliche Angebote anzunehmen, aus Furcht, dass sich diese Entscheidung als Fehler herausstellen könnte.
Diese Vorsicht kann dazu führen, dass Chancen ungenutzt bleiben oder man sich zu sehr auf bewährte, aber möglicherweise nicht optimale Lösungen verlässt. Diese Regret-Aversion ist vergleichbar mit einem Anleger, der eine vielversprechende Aktie nicht kauft, weil er Angst hat, dass der Kurs nach dem Kauf fallen könnte. Diese Reueangst (Regret-Aversion) kann innovative und mutige Entscheidungen blockieren, die in der heutigen dynamischen Geschäftswelt oft notwendig sind.
Strategien gegen psychologische Fallstricke in B2B-Verhandlungen
Um diesen psychologischen Fallstricken zu entkommen, ist es entscheidend, sich ihrer bewusst zu werden. Egal, ob in B2B-Verhandlungen oder beim Börsenhandel: Wer seine Denkfehler erkennt und versteht, kann fundiertere und strategischere Entscheidungen treffen. Es lohnt sich, bei der nächsten Verhandlung einen Moment innezuhalten und die eigenen Annahmen und Überzeugungen kritisch zu hinterfragen.